Einleitung

In der Landwirtschaft zählt der Humusaufbau zu den wichtigsten Mitteln, um die Bodenfruchtbarkeit zu steigern.  Humus ermöglicht dem Boden eine längerfristige Wasserspeicherung bzw. verbessert die nutzbare Feldkapazität. Außerdem beeinflusst Humus die Ertragsfähigkeit, die Bodenbearbeitung und die Erosionsanfälligkeit. Der Humusaufbau wird mit einer erhöhten Zufuhr an organischen Substanzen, sowie mit einer reduzierten Abfuhr von organischen Materialien von der Fläche erreicht.1

Doch was ist eigentlich Humus? Und welchen Effekt hat der Humusaufbau auf die Treibhausgas-Bilanz?

Als Humus wird in der Landwirtschaft die Gesamtheit der organischen Substanz im Boden bezeichnet. Humus wird weiterhin in Nährhumus und Dauerhumus untergegliedert. Während  Nährhumus von der Bodenbearbeitung beeinflusst wird, ist die stabile Fraktion des Dauerhumus gegenüber den Abbauvorgängen weitestgehend geschützt.2  Nährhumus setzt unter dem Einfluss der Mineralisation Nährstoffe frei. Darunter fällt neben Stickstoff und Phosphor auch Kohlenstoff,  welches während der Dissimilation zum Zwecke der Energiegewinnung in Form von CO2 freigesetzt wird. Auch kann das atmosphärische CO2 zum Aufbau von organischer Masse im Boden genutzt werden. Unter diesem Aspekt kann die Bindung von Kohlenstoff zur Reduzierung des atmosphärischen CO2 beitragen.

CO2 beitragen

1 https://www.ipcc-nggip.iges.or.jp/public/2006gl/pdf/4_Volume4/V4_05_Ch5_Cropland.pdf

2 https://hypersoil.uni-muenster.de/0/04/05.htm#humusbildung

Abbildung 1: Übergang der organischen Masse in die jeweiligen Pools (geändert nach: IPCC 2019)3

Im aktiven Pool befinden sich die Biomasse aus Bakterien und Pilze und die damit verbundenen Abbauprodukte mit einer relativ schnellen Umbaurate von mehreren Monaten bis Jahre. Organische Masse im langsamen Pool besitzt eine mittlere Verweilzeit in dieser Phase mit einer Umbaurate von mehreren Jahrzehnten. Im Vergleich dazu ist die organische Masse im passiven Pool über Jahrhunderte geschützt. Der Humus im passiven Pool ist durch mineralische Verbindung (Ton-Humus-Komplex) gefestigt.4 5

Warum kann Humus im REDcert/ISCC System geltend gemacht werden?

Der Humusaufbau auf landwirtschaftlichen Böden ist ein großer Bestandteil der Empfehlung des IPCC („International Panel on Climate Change“) zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Erreichung der Pariser Klimaziele .6 Aufgrund der langfristigen Bindung von Kohlenstoff im Ton-Humus-Komplex wird der Atmosphäre CO2 entzogen. Findet auf den humusaufbauenden Flächen eine Substratgewinnung statt, kann die KohlenstoffAkkumulation im REDcert bzw. ISCC System geltend gemacht werden. Die Anrechnung kann unter dem Punkt esca erfolgen. Mit esca werden auch weitere Möglichkeiten der Kohlenstoffspeicherung in Böden betrachtet. Darunter fällt unter anderem auch der Güllebonus. Damit eine längerfristige Bindung von Kohlenstoff sichergestellt ist, müssen einige Punkte berücksichtigt werden:

  •  Ein Nachweis über eine Kohlenstoffbindung muss vorliegen.
  • Dies kann über eine Humusmessung vor Beginn der veränderten Bewirtschaftungspraktik erfolgen.
    • Alternativ kann eine glaubhafte Berechnung zur Akkumulation vorgelegt werden7

Die Messung der Kohlenstoffbindung sollte über zertifizierte Stellen erfolgen. Zudem müssen die Proben sollten für mehr als 5 Jahre für die Überprüfung während eines Audits aufbewahrt werden.

  •  Die verbesserten Bewirtschaftungspraktiken sind für mindestens 10 Jahre durchzuführen
  • Für die Beprobung der Referenzfläche gelten weitere Anforderungen 
    1. Die Beprobung ist für jedes Feld durchzuführen
    2. Kleinere Flächen mit ähnlichem Klima und Bodentypen können zusammengefasst werden
    3. Durchführung der Beprobung sollte vor der Feldbearbeitung oder 2 Monate nach der Ernte erfolgen

Werden die Kriterien jedoch nicht eingehalten , so gehen die Treibhausgaseinsparungen als Emissionen in der THG Berechnung ein. Zusätzlich dazu können in den darauffolgenden 5 Jahren keine Emissionseinsparungen durch den Humusaufbau angerechnet werden.


3 https://www.ipcc-nggip.iges.or.jp/public/2019rf/pdf/4_Volume4/19R_V4_Ch05_Cropland.pdf

4 https://www.nature.com/articles/d41586-018-07587-4

5 https://www.ipcc-nggip.iges.or.jp/public/2006gl/pdf/4_Volume4/V4_01_Ch1_Introduction.pdf

6 https://www.bmuv.de/themen/klimaschutz-anpassung/klimaschutz/internationale-klimapolitik/pariser-abkommen

7 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32018L2001

Praktische Möglichkeiten der Humusakkumulation

Wird die Option des Humusaufbaus in Betracht bezogen, dann sind verschiedene Bewirtschaftungspraktiken einzuführen, die sich nachweislich positiv auf den Kohlenstoff Gehalt auswirken. Dazu zählen: 

  • Reduzierung der Bodenbearbeitung bis hin zur Einführung von No-Tillage Systemen (keine Bodenbearbeitung)
  • Verbesserte Fruchtwechsel (Halm/Blattfrucht und Sommerung/Winterung)
  • Einsatz von Zwischenfrüchten (Verbessertes Ernterückstandsmanagement)
  • Ausbringung von organischen Boden Verbesserern (Kompost, Wirtschaftsdüngern, Biokohle)

Die genannten Praktiken müssen bereits 3 Jahre vor der möglichen Anrechnung im Betrieb implementiert sein. 8


Wie wird der Humusaufbau berechnet?

Der Humusgehalt eines Bodens ist Abhängigkeit vom Klima und der Bodenart der jeweiligen Referenzfläche. Für die Berechnung sollte der Humusgehalt der Referenzfläche erfasst werden, bevor die verbesserten Landbewirtschaftungspraktiken eingeführt werden. Über die folgende Formel kann die Kohlenstoffanreicherung geltend gemacht werden: 

Kohlenstoffanreicherung
Formelelement Beschreibung 
CSRKohlenstoffgehalt der Referenzfläche, gemessen in t C/ha (vor Gewinnung des Rohstoffes auf der Fläche)
CSATatsächliche Kohlenstoffgehalt der Referenzfläche, gemessen in t C/ha (nach 20 Jahren oder zum Zeitpunkt der Reife der Pflanze)
3,664Umrechnungsfaktor von C zu CO2 (Teilung des Molekulargewichts von CO2 durch das Molekulargewicht von C)
1/20Verteilung der jährlichen Kohlenstoffakkumulation auf 20 Jahre
PPflanzenproduktivität (Energie des Biomasse Brennstoffs pro Flächeneinheit und Jahr
eBBonus von 29 g CO2eq/MJ auf beim Substratanbau auf wiederhergestellten degradierten Flächen

Die maximale Anrechenbarkeit von esca durch den Humusaufbau mit Pflanzenkohle (Biokohle) wird auf eine Menge von 45 g CO2eq/MJ begrenzt. In allen anderen Fällen reduziert sich die Einsparung im Punkt esca auf 25 g CO2eq/MJ.


8 https://ec.europa.eu/transparency/comitology-register/core/api/integration/ers/273291/078959/4/attachment 

Praxisbeispiel Maisanbau

Im Folgenden wird das Beispiel der Akkumulation von Kohlenstoff auf einer landwirtschaftlichen Fläche exemplarisch dargestellt. Dafür müssen im Vorfeld einige Parameter festgelegt werden.9

Klimaregion: Gemäßigt, kühl, feucht (Region in Westdeutschland)

  • Bodenart: Sandboden
    • Vor dem Beginn der Maßnahmen: Umfassende Bodenbearbeitung (Jährliches Pflügen)
    • Nach dem Beginn der Maßnahmen: keine Bodenbearbeitung (No-Tillage)
  • Kohlenstoffinput
    • Hoher Input (Nur Ausbringung von Wirtschaftsdüngern)
  •  Der Anbau erfolgt nicht auf wiederhergestellten degradierten Flächen
  •  Der Anbau erfolgt auf einer Fläche von 100 ha
CSRCSAPeB
4572,45417,319.648.632,160

Bei der Berücksichtigung der oben genannten Faktoren und mit der Eingabe der Variablen in die Formel, ergibt dies: 

Ausblick

Bei der Berücksichtigung der Anforderungen für den Humusaufbau unter dem Abschnitt esca im REDcert System kann eine vergleichbar gute Treibhausgaseinsparung erreicht werden.

Diese Einsparung kann ein Anreiz für den Landwirt sein, einen Beitrag zu Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu leisten.

Im Gegenzug kann der Produzent die Einsparung langfristig monetär abbilden.

Falls wir Ihr Interesse am Humusaufbau im REDcert/ISCC System geweckt haben, dann kontaktieren Sie uns gerne. Wir von agriportance begleiten Sie im gesamten Verfahren der REDcert Zertifizierung und beraten Sie, sodass die bestmögliche THG Quote für Ihren Betrieb erreicht wird.

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